Selbst-Versuche auf dem Inklusiven Sport-Fest. Plus: Barriere-Check: Sportfest!

Umfragen hören:

Selbst-Versuche auf dem Inklusiven Sport-Fest. Plus: Barriere-Check: Sportfest!

Wir haben die Angebote aus·probiert.
Und: Wir haben ge·schaut:
Ist das Fest gut für Inklusion?

Dieser Text hat Kapitel.
Das sind die Kapitel:
Warum Sport-Fest?
Selbst-Versuche
Umfragen
Barriere-Check: Sport-Fest.
Ihr könnt hier auf ein Kapitel klicken.
Dann kommt ihr sofort da·hin.

Es gibt auch Fotos.

Am Samstag gab es ein Sport-Fest in Trier.
Es hieß:
Inklusives Sport-Fest.
Denn:
Menschen mit Be·ein·trächti·gung
und Menschen ohne Be·ein·trächti·gung
sollten zu·sammen Sport machen und Spaß haben.

Warum Sport-Fest?

Dieses Wochen-Ende fängt Special Olympics in Berlin an.
Da sind die Welt-Spiele.
Das heißt:
Von über-all auf der Welt kommen Leute.
Sie machen Sport.
Wie eine Welt-Meister·schaft.
Das ist zum ersten Mal in Deutsch·land.
Es ist in Berlin.
Sehr viele Leute sind da.

Die Gäste reisen diese Woche an.
Sie fahren nicht direkt nach Berlin.
Sie machen vorher Stopp in anderen Städten.
In Trier sind Leute aus Panama.
Von heute bis Donnerstag.

Die Stadt Trier wollte das nutzen.
Sie wollte:
Bevor Panama kommt, soll man über Inklusion lernen.
Deshalb gab es das Inklusive Sport-Fest.
Da gab es Sport zum mit·machen
und Info-Stände.

Selbst-Versuch: Lebend-Kicker

Es ist sehr heiß.
Aber:
Heinrich will Fußball spielen.
Heinrich ist Redakteur bei TACHELES.
Es gibt ein Fuß-Ball-Feld.
Das sieht aus wie ein Tisch-Fuß-Ball, nur groß.
Da stehen echte Menschen drin.
Sie spielen zu·sammen.
Heinrich macht mit.
Er findet:
Das ist toll.
Ich kann mich fest-halten.
Niemand tut mir weh.
Wir arbeiten zu·sammen.
So wie sonst im Leben.

Heinrich hat ein Tor ge·schossen.
Er freut sich.
Man muss sich ein wenig be·wegen können.
Dann geht das.

Es sind Leute von einem Verein dabei.
Der heißt:
Bananen-Flanke Trier.
Das ist ein Fuß-Ball-Verein.
Er ist für Kinder und Jugendlich mit Be·ein·trächti·gung.
Sie zeigen:
Wir arbeiten alle zu·sammen.
Alle haben gemeinsam Spaß.
Das ist toll, sagt Heinrich.
Und er sagt weiter:
So kommen sich die Leute näher als sonst.

Selbst-Versuche: Corn-Hole und Tor-Wand.

Martina, Sigrid und Heike sind auch bei TACHELES.
Sie freuen sich:
Beim Sport-Fest können sie viel aus·probieren.
Sie sind manch·mal richtig gut.
Das haben sie nicht ge·dacht.
Heike trifft die Löcher in der Tor-Wand oft.
Aber: Sie treffen nicht so viele Leute.

Cornhole spricht man so:
Korn-Hol.
Da gibt es ein Brett.
Das hat ein Loch.
Es gibt kleine Kissen.
Die muss man in das Loch werfen.
Martina, Sigrid und Heike machen das gut.

Ein Besucher kommt da·zu.
Er sitzt im Roll-Stuhl.
Er hat seinen Sohn da·bei.
Der sitzt nicht im Roll-Stuhl.
Beide haben Spaß.
Sie reden mit·einander.
Und sie reden mit den Leuten von TACHELES.
Das ist gut.
Der Junge lernt schon viel über Inklusion.
Viele Menschen wissen wenig über Inklusion.

Selbst-Versuch: Roll-Stuhl-Basket-Ball

Es gibt eine Mannschaft dafür in Trier.
Sie heißt:
Dolphins.
Das ist Englisch.
Es heißt:
Delfine.
Der Trainer ist sogar Bundes-Trainer.
Er trainiert die deutschen Frauen.
Er ist im Moment bei der Welt-Meister·schaft.
Die ist in Dubai.

Heinrich von TACHELES hat Probleme mit dem Roll-Stuhl.
Der Stuhl rollt schnell weg.
Er ist eng.
Er ist sehr tief:
Aber:
Es klappt doch.
Es ist komisch für ihn.
Der Stuhl wackelt auf dem Boden.
Denn: Da sind Steine.
Der Boden ist nicht ganz flach.
Und:
Der Korb vom Basket-Ball ist jetzt weit weg.

Martina hat auch Probleme.
Sie muss den Ball sehr hoch werfen.
Das kann sie nicht.
Wenn viele Leute spielen, findet sie alles zu schnell.
Sie schaut lieber zu.
Sie sagt:
Ich bin be·ein·druckt.
Sie ist dann noch mehr be·ein·druckt, denn:
Sigrid von TACHELES wirft den Ball in den Korb.

Selbst-Versuch: Roll-Stuhl-Hinder·nisse

Sigrid wollte das schon immer mal probieren.
Sie macht eine Runde.
Sie hat Hilfe.
Sie wird viel ge·schoben.
Sie fragt:
Darf ich alleine?
Sie darf alleine.
Aber der Helfer ist dabei.
Das ist gut:
Sigrid will über eine Rampe.
Sie kommt nicht hin·über.
Sie kippt.
Der Helfer ist da.
Sigrid sagt:
Das sieht einfach aus.
Ist es aber nicht.
In der Stadt gibt es mehr Hinder·nisse.
Das muss sehr schwer sein.

Info-Stände

Es gibt Stände von
der Lebenshilfe Trier,
Special Olympics Rhein·land-Pfalz und
Lokale Agenda 21 Trier.
Da kann man reden.
Es gibt Infos.
Es geht um:
Inklusion
und vieles mehr.

Es sind nicht so viele Be·sucher da.
Es ist sehr heiß.
Es ist zu warm für Sport.
Aber:
Ein paar Leute sind da.
Sie gehen an die Stände.
Es sind viele junge Leute.

Leute informieren sich.
Das ist gut, sagt TACHELES.
Denn:
Dann lernen die Leute etwas.
Dann denken sie mehr an Inklusion.
Dann kann die Welt besser werden.

Am besten:
Die Leute treffen sich beim Sport.
Sie müssen nicht viel reden.
Sie haben viel Spaß zu·sammen.
Das ist Inklusion.

Umfragen

Heike von TACHELES hat mit Leuten geredet.
Sie hat ge·fragt:
Warum seid ihr hier?
Was ist das Tolle an eurem Sport?
Ihr könnt euch das an·hören:
Hier klicken.

Oder ihr könnt es hier lesen:

Bananen-Flanke Trier

Warum zeigen Sie heute Ihren Sport?
Mein Sohn hat eine Be·ein·trächti·gung.
Ich wollte ihm helfen:
Er soll Fuß-Ball spielen können.
Da·für gibt es die Bananen-Flanke.
Wir wollen uns heute vor-stellen.
Wir wollen dem Inklusiven Sport-Fest helfen.

Wie kamen Sie zu dem Sport?
Ich habe früher Fuß-Ball gespielt.
Ich wollte:
Mein Sohn soll auch Fuß-Ball spielen können,
wenn er will.
Man kann viel Spaß haben und lernen.

Sie bringen Leuten diesen Sport bei.
Warum?

Sport bringt Menschen zu·sammen.
Man lernt viel.
Besser als sonst.

Was ist das Tolle an Ihrem Sport?
Man kann sich mit·einander freuen.

Dolphins Trier

Sie bringen Leuten diesen Sport bei.
Warum?

Man kann Leuten etwas bei·bringen.
Das ist schön.
Man kann mit einem Roll-Stuhl viel machen.
Das wissen viele nicht.
Sie sind sehr be·geistert.

Special Olympics Rhein·land-Pfalz

Warum sind Sie hier?
Wir wollen:
Mehr Leute sollen Special Olympics kennen.

Was ist das Tolle an Special Olympics?
Viele Menschen haben zu·sammen Spaß.
Sie treffen sich immer wieder.

Roll-Stuhl-Hinder·nisse

Warum sind Sie hier?
Ich komme aus Panama.
Ich lebe in Trier.
Leute aus Panama kommen jetzt nach Trier.
Das finde ich spannend.

Was finden Sie gut beim Sport-Fest?
Es geht etwas ab.
Das finde ich immer cool.
Und:
Die Sonne scheint.
Das ist super!

Barriere-Check: Sport-Fest!

Wir haben uns genau um·ge·schaut.

Ort

Das Fest war in Trier auf dem Vieh-Markt.
Die Redaktion von TACHELES sagt:
Das ist eher gut.
Es ist zentral.
Es gibt viel Platz.
Der Boden ist in Ordnung.
Es gibt kleine Steine.
Sie sind nicht super.
Aber: Sie sind auch nicht schlimm.
Es gibt außen herum hohe Bord-Steine.
Aber:
Das war kein Problem.
Es gibt auch flache Eingänge.
Ein anderer Roll-Stuhl-Fahrer sagt:
Das stimmt.

Toilette

Es gab eine barriere-freie Toilette.
Sie hat Lob be·kommen.
Sie ist besser als die Toiletten im Park-Haus.
Die sind oft zu.
Oder schmutzig.
Eine Toilette war auch genug.

Leichte Sprache

Man hat keine Texte in Leichter Sprache ge·braucht.
Man konnte ein·fach mit Leuten reden.
Aber:
Es gab vor·her keine Werbung in Leichter Sprache.

Ein Helfer aus Costa Rica war da.
Er sagt:
Ich habe Leichte Sprache zum ersten Mal bei TACHELES ge·sehen.
Das sah komisch aus.
Aber ich habe ver·standen:
Das macht es viel ein·facher.
Ich kann nicht so gut Deutsch.
Das hilft mir.

Auf dem Fest gab es Buden für Essen und Trinken.
Es gab keine Speise-Karten mit Bildern.
Heinrich und Heike können nicht gut lesen.
Das war für sie ein Problem.

Es gab keine Über·setzer für Gehör·lose.

Organisation und Wirkung

Man hat sehr einfach alles ge·sehen.
Sigrid von TACHELES sagt:
Die Leute waren alle sehr nett.
Heinrich sagt:
Die haben gut ge·holfen.
Die Stimmung war gut.
Alle waren für·einander da.

Aber Heike sagt:
Es waren nur wenige Leute da.
Es gab wenig Werbung für das Fest.

TACHELES wünscht sich:
Es sollen viele Leute zum Fest kommen.
Dann bringt es etwas.
Dann treffen sich viele Leute.
Dann lernen viele Leute über Inklusion.
Deshalb sagen wir:
Das muss es öfter geben.
Mit vielen Leuten.

Selbstversuche auf dem Inklusiven Sportfest. Plus: Barriere-Check: Sportfest!

Wir haben die Angebote ausprobiert und uns umgeschaut, was das Sport-Fest für Inklusion bringt

Dieser Text hat Kapitel:
Der Rahmen
Selbstversuche
Umfragen
Barriere-Check: Sportfest!

Es gibt auch Fotos.

Ein Rollstuhl kippelt auf dem flachen Hindernis. Die Fahrerin erschrickt kurz, springt auf und schaut sich den Parcours erst einmal im Stehen an. Dann hält sie kurz inne, als sie bemerkt, dass Herumlaufen nicht gerade der Sinn dieses Selbstversuchs ist. Also setzt sie sich wieder und versucht noch einige Male vergeblich, alleine über die leichte Erhöhung zu kommen. „Das ist was ganz anderes, wenn man es mal selbst erlebt“, sagt sie später an einem Infostand.

Der Rahmen

Damit hat sie den Sinn des ganzen Tages eigentlich schon recht gut zusammengefasst. Es fand nämlich das Inklusive Sportfest in Trier auf dem Viehmarkt statt. Ab diesem Wochenende sind die Weltspiele von Special Olympics in Berlin, zum ersten Mal überhaupt in Deutschland. 7000 Athleten aus 190 Ländern und rund 20´000 Helfer*innen reisen laut den Veranstaltern für die Spiele an. Zuvor machen die Gäste aus aller Welt Halt in verschiedenen deutschen Städten. Trier empfängt dieser Tage die Delegation aus Panama. TACHELES wird natürlich auch dort mit dabei sein und berichten. Im Vorfeld der so genannten Host Town Tage möchte die Stadt Trier auf den inklusiven Gedanken einstimmen und veranstaltet das Inklusive Sportfest. Egal, ob mit oder ohne Beeinträchtigung, alle Menschen sollen gemeinsam Spaß haben, Berührungsängste abbauen und Barrieren, vor allem im Kopf, überwinden.

So bot das Sportfest sechs Mitmach-Aktionen und vier Infostände an. Unsere Redakteur*innen haben sich umgeschaut, die Angebote ausprobiert und das Fest sowie die Besucher und Anbieter einem Barriere-Check unterzogen.

Selbstversuch: Lebend-Kicker

Unter der schon am Vormittag glühenden Sonne hat TACHELES-Redakteur Heinrich sich sofort zum Lebend-Kicker hingezogen gefühlt. Die Konstruktion bietet ein kleines Fußballfeld, luftgefüllte Banden wie bei einer Hüpfburg und dazwischen Stäbe wie an einem Kickertisch. Nur dass diesmal die Spieler nicht von außen bedient werden. Stattdessen hakt sich Heinrich mit den Händen in einem großen Flies an der Stange ein und kann sich nun nur noch gemeinsam mit seinen Mitspielern nach rechts und links bewegen. Er findet das klasse: „Da kann man sich festhalten. Das finde ich gut. Da kippt man nicht so schnell um. Da springt mir keiner in die Beine. Das tut mir sonst nämlich weh beim Fußball. Und man muss zusammenarbeiten. Das ist sonst im Leben auch so.“

Als ihm zu warm wird, klettert er aus dem Spielfeld wieder heraus. Eine gewisse Beweglichkeit muss man mitbringen, aber mit etwas Hilfe gelingt es ihm. „Ich habe sogar ein Tor geschossen“, freut sich Heinrich.

Betreut wurde der Kicker vom Team Bananenflanke Trier. Das ist ein Fußballverein mit Kindern und Jugendlichen mit Beeinträchtigung. Sie haben in ihrem Kicker vorgelebt: Egal, wer wir sind, wir können zusammenarbeiten und gemeinsam Spaß haben. Da kommt man viel besser zusammen als sonst, sagt Heinrich.

Selbstversuche: Cornhole und Torwand

Martina, Sigrid und Heike sind heute richtig gut drauf. Für sie ist das Sportfest eine Möglichkeit, einfach mal Spaß mit Bewegung zu haben. An der Torwand zeigen sie ungeahnte Talente. Heike, die erst ganz selten mal gegen einen Fußball getreten hat, gewinnt sogar gegen Sigrid, die früher mal in einem Mädchen-Team gespielt hat. Es gibt viel zu lachen. Aber zu spannenden Begegnungen oder Gesprächen kommt es nicht.

Anders beim Cornhole. Der Sport erfreut sich in unter beeinträchtigten Menschen schon länger wachsender Beliebtheit. Kleine Säckchen in ein Loch in einem Holzbrett werfen, das ist ja nicht schwer zu verstehen, sagen die Redakteurinnen. Und sie sind richtig gut darin.

Ein Passant im Rollstuhl, der das Fest mit seinem Sohn zu besuchen scheint, kommt dazu. Man tauscht sich kurz aus und spricht später noch über Special Olympics, denn die Station wird vom Rheinland-Pfälzischen Special Olympics Verband betreut. Nicht jeder wächst mit solch einem Bewusstsein für Inklusion auf wie dieser Junge. Unsere Redaktion spürt es fast tagtäglich.

Selbstversuch: Rollstuhlbasketball

Die Dolphins sind eine von sehr wenigen Bundesliga-Mannschaften aus Trier. Im Rollstuhlbasketball sind sie seit vielen Jahren stark unterwegs. Trainer Dirk Passiwan ist sogar als Bundestrainer für die Damen-Mannschaft aktuell bei der Weltmeisterschaft in Dubai.

Auch ohne ihn zeigen einige Team-Mitglieder eindrucksvoll ihren athletischen Sport. Die TACHELES-Redaktion probiert sich auch hier. Heinrich hat zunächst einige Probleme, in den Stuhl zu kommen: sehr niedrig, rollt schnell in alle Richtungen weg, etwas eng ist er auch. Dann klappt es aber. Das Rollen und vor allem das Holpern über die Steine auf dem Viehmarkt ist sehr ungewohnt für ihn. Der Korb ist plötzlich auch so weit weg. Was vorher noch so einfach aussah, ist auf einmal doch recht schwierig.

Martina geht es ähnlich. Sie fühlt sich nicht sehr wohl. Es braucht schon viel Kraft, den Ball überhaupt auf Höhe des Korbs zu werfen. Der Sport setzt körperlich recht viel voraus. Mit einer geistigen Beeinträchtigung geht dann in einem richtigen Spiel auch oft alles viel zu schnell. Da schaut sie lieber zu, wenn die Profis mit voller Geschwindigkeit gegeneinanderstoßen und den Ball trotzdem noch sicher in den Maschen versenken. „Das ist schon eindrucksvoll“, staunt sie. Und als Reporterin Sigrid den Ball selbst versenkt, staunt sie noch mehr.

Selbstversuch: Rollstuhlparcours

„Das wollte ich schon immer mal probieren“, sagt Sigrid. Die erste Runde dreht sie mit Hilfe des Volunteers, der den Parcours betreut. Geschoben zu werden findet sie dann doch recht einfach. „Darf ich das auch mal ohne Hilfe?“, fragt sie. Zuerst bekommt sie einen staunenden und etwas kritischen Blick. Aber natürlich darf sie. „Ich gehe trotzdem mit, ja?“, fragt der Volunteer. Gut so, denn schon bei einer – nicht einmal allzu steilen – Rampe, kommt Sigrid kaum weiter. Sie kippelt, die Vorderräder hängen kurz in der Luft. Aus eigener Kraft kommt sie nicht herüber. „Das hätte ich nicht gedacht“, wundert sie sich. „Das sieht so einfach aus. Und in der Stadt die Hindernisse sind ja noch viel größer. Da kommt man dann ja gar nicht durch“.

Infostände

Die Lebenshilfe Trier, Special Olympics Rheinland-Pfalz und die Lokale Agenda 21 Trier haben Informationen, Gespräche, Erfahrungsaustausch und Anregung geboten. Leider verhinderte schon früh am Mittag die stehende Hitze, dass noch mehr Besucherinnen und Besucher zu dem Fest kamen. Es war einfach zu heiß, sich körperlich zu betätigen und zu anregenden Gesprächen kam es dadurch nicht so oft wie gewünscht.

Trotzdem haben noch einige Menschen ihren Weg auf das Fest gefunden. Vor allem auch Jugendliche und jüngere Erwachsene zeigten sich interessiert an den Infos. Mit manchen haben sich auch unsere Redakteur*innen ausgetauscht. Es ist ein erster Schritt auf dem Weg, das noch häufig am Rande des Bewusstseins vergessene Thema der Inklusion mehr in die Aufmerksamkeit zu rücken. Denn nur, wenn Menschen miteinander sprechen und voneinander lernen, kann sich etwas zum Guten tun, sagt die Redaktion. Der vom Projekt „Selbstvertretung – Na klar.“ organisierte Lebenshilfe-Stand konnte einige Gespräche und Info-Material vermitteln.

Das größte Zusammenfinden fand dennoch, vor allem am Vormittag und frühen Mittag, beim Sport statt. Dazu brauchte es nicht einmal tiefgängige Gespräche. Gemeinsam aktiv zu sein mit einem Lächeln im Gesicht und der Möglichkeit, ungezwungen nach den eigenen Möglichkeiten teilzuhaben, war eine gute Grundlage für gelebte Inklusion.

Umfragen: Warum inklusiv, warum hier?

TACHELES-Redakteurin Heike hat sich auf dem Inklusiven Sport-Fest umgehört. Wir haben die Umfragen aufgenommen, sodass ihr sie euch in unserem Player auch anhören könnt. Hier eine schriftliche Zusammenfassung:

Bananenflanke Trier

Warum wollen Sie Ihren Sport hier vorstellen?

Mein Sohn und ich kamen zur Bananenflanke, weil er eine Beeinträchtigung hat. Ich wollte ihm ermöglichen, Fußball zu spielen. Die Bananenflanke ist ein Fußballverein für Menschen mit Beeinträchtigung. Wir wollen uns hier heute vorstellen und das Inklusive Fest unterstützen.

Wie kamen Sie zu dem Sport?

Ich habe früher selbst Fußball gespielt und wollte meinem Sohn das auch ermöglichen. Man kann gemeinsam Spaß haben und super viel voneinander lernen.

Wie kamen Sie dazu, den Leuten diesen Sport beizubringen?

Sport verbindet und durch Sport lernt man viel, vor allem sozial. Mit Sport geht es einfacher als im Alltag. Ich finde es den idealen Weg.

Was ist das Coole an Ihrem Sport?

Man kann sich miteinander freuen. Das ist das Schöne am Fußball.

Dolphins Trier

Wie kamen Sie dazu, den Leuten diesen Sport beizubringen?

Es ist immer schön, seinen Sport weiterzugeben. Viele Leute wissen gar nichts mit einem Rollstuhl anzufangen und dann die Begeisterung der Menschen zu sehen, das ist toll.

Am Stand von Special Olympics Rheinland-Pfalz

Warum sind Sie heute hier?

Wir sind noch nicht bekannt genug in Rheinland-Pfalz, deshalb wollen wir das heute nutzen.

Wie kamen Sie zu Special Olympics?

Ich habe für die Stadt Mayen Special Olympics betreut und bin dann voll eingestiegen.

Was ist das Coole an Ihrem Sport?

Man trifft immer wieder auf Menschen, die Spaß an Sport und Treffen haben. Das finde ich cool.

Am Rollstuhl-Parcours

Warum sind Sie heute hier?

Ich lebe seit 27 Jahren in Trier. Ich bin in Panama geboren und die Delegation, die nach Trier kommt, ist aus Panama. Alles, was in meiner Stadt abgeht, interessiert mich.

Was finden Sie cool am Inklusiven Sportfest?

Ich finde, es ist immer cool, wenn etwas in Trier abgeht. Und wenn die Sonne scheint – umso besser!

Barriere-Check: Sport-Fest!

Wenn TACHELES-Redakteur*innen irgendwo vor Ort sind, können sie fast nicht anders als auch ein paar Blicke auf die Organisation, den Ort und die Barriere-Freiheit zu werfen. Neben all den Eindrücken aus den Selbstversuchen wollten die Reporter*innen also auch hier noch mal genauer hinschauen.

Ort

Den Viehmarkt als Ort für das Inklusive Sport-Fest haben sie als recht gut bewertet. Er liegt zentral, bietet viel Platz und ist einfach zu finden. Der Zugang ist durch die hohen Bordsteine stellenweise begrenzt, doch gibt es genügend Eingänge, dass das kein Problem ist. Heinrich und Heike können zwar auf ebener Fläche gut laufen, Höhen und Stufen sind für sie jedoch ein Problem. Für sie war es kein Problem, auf das Fest zu kommen. Auch ein Rollstuhlfahrer, der das Fest besucht hat, sieht das so: Es sei nicht optimal, aber es funktioniere. Gleiches gilt auch für den Boden, der mit kleinen, flachen Steinen besetzt ist: Nicht so gut wie ein ganz ebener Boden, aber besser als das Kopfsteinpflaster an anderen Stellen der Trierer Innenstadt, vor allem mit dem Rollstuhl.

Toilette

Es gab eine mobile, barrierefreie Toilette. Sie wurde von der Lokalen Agenda 21 Trier organisiert. Das war gar nicht so einfach, wie die Agenda erzählt. Aber es hat sich scheinbar gelohnt. Der Wagen erhielt grundsätzlich Lob und wurde sehr gerne angenommen im Gegensatz zu der Alternative: die Toiletten in den umliegenden SWT-Parkhäusern, die häufig zugesperrt oder schmutzig sind. Durch den nicht allzu hohen Besucherandrang reichte die eine barrierefreie Toilette aus.

Leichte Sprache und Co

Es brauchte am Tag selbst kaum Texte in Leichter Sprache. Die Menschen, die zusammengefunden haben, kamen dank guter Gespräche problemlos miteinander aus. Im Vorfeld hätte Werbung in Leichter Sprache sehr gutgetan, um das Inklusive Sportfest bei allen Menschen bekannt machen zu können. Ein Helfer auf dem Fest kommt aus Costa Rica, er erzählt: „Ich bin auch nicht so ganz gut mit Deutsch. Ich habe Leichte Sprache zum ersten Mal bei euch gesehen, bei TACHELES. Ich dachte zuerst: Das sieht komisch aus. Dann habe ich verstanden: Das ist, damit es einfacher ist. Das hilft mir total!“

An den Imbissbuden am Rande des Fests gab es leider keine Speisekarten mit Bildern. Menschen mit Leseproblemen würde das sehr weiterhelfen. Redakteurin Heike und Redakteur Heinrich erzählen, wie unangenehm es häufig ist, sich immer durchfragen und helfen lassen zu müssen. Sie haben sich also erst bei ihren Kollegen erkundigt, was es an den Ständen gibt und sind dann dort hingegangen. Das hätte ein Inklusives Sportfest mitbedenken können, finden sie.

Übersetzer für Gehörlosensprache waren nicht vor Ort. Das bemängelt unsere Redaktion.

Organisation und Wirkung

Sich auf dem Fest zurechtzufinden, war für niemanden ein Problem. Wer einen Sport ausprobieren oder sich informieren wollte, musste nur an den jeweiligen Stand herantreten.

Die Betreuung der Stände konnte auch gelobt werden: „Die sind alle voll nett“, sagt Sigrid. „Die bemühen sich auch richtig“, ergänzt Heinrich. Die Anbieter und Vereine, die merklich selbst häufig mit Inklusion oder Barrieren zu tun haben, konnten gemeinsam eine offene Atmosphäre schaffen.

Zusammen zu finden, hat über den Sport auch recht gut funktioniert: „Da waren welche von dem Verein, ein Junge, einer, der einfach so vorbeikam und ich“, resümiert Heinrich seinen Einsatz im Lebend-Kicker. Der Grundgedanke des Inklusiven Sportfests hat somit einen guten Ausgangspunkt gefunden, ist sich die Redaktion einig.

„Es waren nur nicht so viele Leute da“, spricht Heike das Problem an. Da das Fest im Voraus nicht allzu gut beworben wurde, fanden weniger Menschen ihren Weg dorthin, als es verdient gehabt hätte. Die Hitze spielte natürlich auch eine große Rolle. Doch um wirklich in einem größeren Rahmen einen nachhaltigen Effekt zu erzielen, müssten schon mehr Menschen angesprochen werden, ist der Konsens bei allen auf dem Viehmarkt. „Das müssten die öfter machen. Mindestens einmal im Jahr. Damit es auch was bringt“, sagt die TACHELES-Redaktion.


Busfahren mit Lese-Schwäche? Nicht leicht!

Unsere Redakteurin Heike Josten
hat eine Lese-Schwäche.
Das ist ein großes Problem beim Busfahren.
Wir suchen nach Lösungen.

Stellen Sie sich vor:
Sie können diesen Text nicht lesen.
Denn: Sie können nicht gut
oder gar nicht lesen.
Viel-leicht können Sie wirklich nicht lesen.
Dann hören Sie den Text viel-leicht.
Denn: Wir haben eine Vorlese-Funktion
auf unserer Internet-Seite.


Aber: Oft fehlt diese Funktion.
Schlecht:
Das schränkt viele Menschen ein.
Auch Heike Joosten.
Sie ist Teil von TACHELES.
Sie kann kaum lesen.
Deshalb: Sie hat im Alltag oft Probleme.
Vor allem Bus fahren ist schwer.
Besonders: wenn sie den Weg nicht kennt.
Aus-flüge und Erledigungen sind
nicht leicht für sie.

Nicht nur die Lese-Schwäche macht
das Bus-Fahren schwer.
Oft sind die Bus-Fahrer und Fahrerinnen
nicht nett oder hilfs-bereit.
Wenn Heike die Bus-Fahrer fragt:
Wohin fährt der Bus?
Dann kommt oft die Antwort:
„Das steht doch außen drauf“.
Durch solche Antworten
fühlt sich Heike schlecht.
Und: Diese Antworten führen zu Problemen.
Heike ist schon oft
in die falsche Richtung gefahren.
Sie ist oft zu spät zu Terminen gekommen.
Eine Lösung ist:
Anderen Menschen an der Bus-Haltestelle
um Hilfe bitten.
Damit sie dann den Bus-Fahr-Plan vorlesen.
Aber: Das kann unangenehm sein.
Also: Heike verzichtet lieber darauf.
Menschen mit Lese-Schwäche machen oft
schlechte Erfahrungen.
Das prägt sie.
Das haben uns auch andere
Nicht-Leser erzählt.

Wir wollten wissen:
Gibt es in Trier eine Lösung
für das Problem von Heike?
Also: Wir haben 
mit den Stadt-Werken Trier (SWT) gesprochen.
Sie sind für die Busse
und den Bus-Fahr-Plan in Trier
verantwort-lich.


Viele Ideen, viele Probleme

Bei den SWT gibt es eine Abteilung
für Fahr-Dienst und Vertrieb.
Knut Hofmeister leitet diese Abteilung.
Er erzählt uns:
Den SWT ist dieses Thema bekannt.
Sie arbeiten daran schon
fast 4 Jahre.
Sie wollen vor allem Blinden helfen
und für sie eine Lösung finden.
Das ist aber nicht einfach.
Das Problem ist:
Auf dem Bus stehen Informationen.
Zum Beispiel: die Bus-Linie und das Ziel.
Diese Infos sind ge-schriebener Text.
Sie müssen schnell gelesen werden.
Das ist für viele Menschen schwer
oder überhaupt nicht machbar.
Aber: Wie können die Infos anders
an-gezeigt werden?

Eine Lösung: eine Taste an der Bus-Haltestelle.
Wenn man auf die Taste drückte,
wird der Fahr-Plan laut vorgelesen.
Aber: Es gibt Probleme.
Knut Hofmeister sagt:
Nicht-Leser verraten sich dadurch.
Dann weiß jeder:
Dieser Mensch kann nicht lesen.
Außerdem: Andere Städte hatten schon
Probleme mit An-wohnern und An-wohnerinnen.
Sie haben sich über die Laut-Stärke beschwert.

TACHELES-Redakteurin Heike hatte eine Idee:
Man könnte mit Farben und Bildern arbeiten.
Man könnte jeder Bus-Linie
eine Farbe oder ein Bild geben.
Und: Die Farben oder Bilder
kommen auch auf die Fahr-Pläne.
Auch Kurt Hofmeister sagt:
Das hilft Nicht-Lesern.
In anderen Städten wird das schon gemacht.
Es hilft aber nicht allen.
Blinde Menschen hilft diese Lösung nicht.
Kurt Hofmeister sagt:
Er will eine Lösung für alle finden.
Das heißt:
eine Lösung für Nicht –Leser und für Blinde.


Der elektronische Weg

Eine andere Möglichkeit ist eine Handy-App.
Das könnte so funktionieren:
Ein Bus fährt an die Bus-Haltestelle
und verbindet sich mit dem Handy.
Dann kommt zum Beispiel die Information:
„Ich bin Linie 2
und fahre nach Heilig-Kreuz“.
Das wurde auch schon versucht.
Die SWT haben mit
dem Behinderten-Beirat der Stadt Trier
einen Versuch gemacht.
Ein Blinder hat die App ausprobiert
und das hat gut funktioniert.

Aber der Umgang mit Handys
ist für Menschen mit Beeinträchtigung
oft schwer.
Das weiß TACHELES aus Erfahrung.
Und das zeigt sich auch
in einem Selbst-Versuch.
Dazu gleich mehr.

Für die SWT gibt es dabei
Aber ein großes Problem:
Technik.
Die Busse haben jetzt schon
sehr viel Technik.
Für mobiles WLAN, Kommunikation
und so weiter.
Wenn dann noch Technik für die App hinzukommt,
wird das sehr viel.
Kurt Hofmeister sagt,
dass es eine Lösung für alles geben muss.
Noch gibt es sie nicht.
Aber das soll sich ändern.

Für Kurt Hofmeister ist die App
die beste Lösung.
Nutzer und Nutzerinnen der App
Bekommen die nötigen Informationen.
Und sie werden geschützt.
Nicht-Leser werden nicht bloß-gestellt.
Kurt Hofmeister betont:
„Barriere-Freiheit heißt nicht:
Der Rollstuhl-Fahrer bekommt die Rampe ausgeklappt.
Sondern:
Jeder soll sich selbstständig frei bewegen können.“


Selbst-Versuch: Bus suchen per App

Auch bei dieser Lösung
gibt es wieder Heraus-Forderungen.
Diese Apps müssen barriere-frei sein.
Und man muss ein Handy haben,
mit dem man die App nutzen kann.
Diese Handys heißen Smart-Phone.
Reporterin Heike hat ein passendes Handy.
Das haben aber nicht viele.
Die meisten unsere Reporter und Reporterinnen
haben kein Smart-Phone.
Es überfordert sie.
Auch für Heike ist der Umgang mit dem Handy
Oft schwer.

Die Fahr-Pläne in Trier
werden vom Verkehrs-Verbund Region Trier gemacht.
Man nennt diesen Verbund auch VRT.
Der VRT biete auf seiner Internet-Seite
eine Fahr-Plan-Auskunft an.
Wir probieren die Fahr-Plan-Auskunft aus.
Kurt Hof-Meister hat das vorgeschlagen.
Man trägt dort Start und Ziel ein.
Dann werden alle weiteren Informationen angezeigt.
Heike hat den Selbst-Versuch gemacht.
Beim Öffnen der Internet-Seite
hatte sie Hilfe.
Sie tippt Start und Ziel
einer bespielhaften Reise ein:
Von dem TACHELES-Büro
bis zu ihr nachhause.
Hier gibt es schon die ersten Probleme.
Wegen ihrer Lese-Schwäche
kann sie die Straßen-Namen
nicht richtig eingeben.
Sie sagt:
„Die Buchstaben fliegen
auf dem kleinen Bildschirm
alle vor meinen Augen durcheinander“.

Die Felder zum Eingeben
hat sie gezeigt bekommen.
Sie kann die Hinweise dazu nicht lesen.
Aber wenn man die Straßen-Namen
nicht richtig schreiben kann,
kann es nicht funktionieren.
Die Suche war schwierig
und führte Heike letztlich nach Würz-Burg.
Das ist eine Stadt in Bayern.
Sie ist etwa 280 Kilo-Meter von Trier entfernt.
Der Selbst-Versuch ist fehl-geschlagen.

Die VRT-Seite hat keine Vorlese-Funktion.
Auch Apps zum Vor-Lesen
haben nicht geholfen.
Weil sie in diesem Fall
zu kompliziert sind.
Der Text muss erst kopiert,
dann umgewandelt
und anschließend noch eingefügt werden.
Dann erst kann man den Text hören.
Das ist zu umständlich.
Nicht nur Heike ist dieser Meinung.


Geduld ist gefragt

In Zukunft sollen Handys
das Bus-Fahren erleichtern.
Eine Verbindung zwischen Handy und Bus
soll die Lösung sein.
So sollen Blinde und Nicht-Leser
Informationen über den Bus-Fahr-Plan erhalten.
Für Kurt Hofmeister ist das die beste Lösung.
Er sagt aber auch,
dass es noch viel Arbeit ist
und noch viele Jahre dauern wird.

Die Lokale Agenda 21 Trier hat übrigens auch über das Thema berichtet:
Hier kommt ihr zum Artikel.


Busfahren mit Lese-Schwäche? Nicht leicht!

Unsere Redakteurin Heike Josten hat eine Lese-Schwäche. Das ist ein großes Problem beim Busfahren. Wir suchen nach Lösungen.

Stellen Sie sich vor, Sie können diesen Text nicht lesen. Weil Sie nicht gut oder gar nicht lesen können. Vielleicht können Sie es auch wirklich nicht und hören den Text – dann sind Sie bestimmt froh über die Vorlese-Funktion auf unserer Internetseite.

Doch nicht überall gibt es solche Lösungen. Das schränkt sehr ein. Entsprechend uninformiert fühlt sich oft auch unsere Redakteurin Heike Joosten. Sie kann kaum lesen. Das stellt sie im Alltag vor große Herausforderungen. Auch bei leichten Aufgaben, wie zum Beispiel, von einem Ort zum anderen zu kommen. Wenn sie per Bus eine andere Route fahren möchte als die, die sie von ihrem täglichen Arbeitsweg kennt, hat sie es sehr schwer. Besuche bei Freund:innen, Ausflüge, Erledigungen – das kann sehr schwer werden.

Doch nicht nur ihre Leseschwäche ist das Problem. Hinzu kommt, dass sie dafür häufig hart angegangen wird. Sie erzählt: „Wenn ich den Busfahrer oder die Fahrerin frage, wohin dieser Bus fährt, sagen sie oft nur: ,Das steht doch außen drauf´.“ Das habe schon mal dazu geführt, dass sie, statt zu einem Termin zu kommen, in die verkehrte Richtung gefahren sei und eineinhalb Stunden brauchte, um sich wieder zurechtzufinden und zurückzukommen.

Sich von Fremden an der Haltestelle regelmäßig die Buspläne vorlesen zu lassen, ist ihr zudem nachvollziehbar unangenehm. Denn viel zu oft haben Menschen mit Leseschwäche schon schlechte Erfahrungen gemacht, die sie prägen. Obwohl ihre Mitmenschen eventuell aus vollem Herzen helfen würden, trauen sie sich oft nicht, diese zu fragen. Das erzählen uns auch andere Nichtleser.

In Sachen Busse und Fahrpläne gibt es in Trier, wo Heike lebt, noch kaum Lösungen. TACHELES hat daher mit den Stadtwerken Trier (SWT), die für den öffentlichen Personennahverkehr zuständig sind, Kontakt aufgenommen. Wir wollten wissen, welche Lösungsmöglichkeiten es für die Probleme unserer Redakteurin Heike gibt.

Viele Ideen, viele Probleme

Knut Hofmeister leitet bei den SWT die Abteilung Fahrdienst und Vertrieb. Er erzählt, dass schon vor rund drei bis vier Jahren mit Planungen für ein ähnliches Thema begonnen wurde. Damals dachten die SWT nur nicht an Nichtleser, sondern an Blinde. Die Frage war, wie statische, geschriebene Informationen auf einem Fahrplan oder einem Bus anders vermittelt werden können, zum Beispiel elektronisch.

Als eine Lösungsmöglichkeit beschreibt Hofmeister eine Taste an der Bushaltestelle, die nach Druck den Fahrplan laut vorliest. Das Problem: „Das ist auch eine gewisse Form von Outing, wenn ich da stehe und es mir dann laut vorgelesen wird.“ So stellt man sich selbst offensichtlich als Nichtleser dar und das möchte eben nicht jeder. Außerdem hätten andere Städte mit dieser Technik bereits weitere Probleme erfahren: Die Anwohner hätten sich über die Lautstärke beschwert, erzählt Hofmeister.

„für beide Gruppen zusammen eine Lösung“

TACHELES-Redakteurin Heike hatte die Idee, mit Farben oder Bildern zu arbeiten: „Wenn auf den Fahrplänen Bilder sind, wo die Busse hinfahren oder wenn jede Linie eine eigene Farbe hätte, würde mir das sehr helfen.“

Hofmeister bestätigt, dass andere Städte mit Farben oder Symbolen arbeiten. Das gehe ihm im Sinne der Inklusion von Blinden aber nicht weit genug: „Sonst ist eine Gruppe versorgt, die aber auch nicht derart zahlreich ist und die nächste Gruppe ist noch nicht versorgt. Am liebsten hätte ich für beide Gruppen zusammen eine Lösung.“

Der elektronische Weg

Eine andere Möglichkeit ist eine Handy-App. Ein einfahrender Bus verbindet sich per Bluetooth mit dem Handy und sagt zum Beispiel: „Ich bin die Linie 2 nach Heiligkreuz“. Hofmeister berichtet, dass das in einem Modellversuch mit dem Behindertenbeirat der Stadt Trier und einem Blinden bereits sehr gut funktioniert habe.

TACHELES weiß aus Erfahrung, dass der Umgang mit dem Handy vor allem für Menschen mit Beeinträchtigung nicht immer leicht ist. Das zeigt sich auch später in einem Selbstversuch noch.

Für die SWT besteht die Schwierigkeit auch im technischen Bereich. Schon jetzt fahre jeder Bus sechs SIM-Karten mit sich herum: für mobiles WLAN, Kommunikation und so weiter. Wenn die Verbindung mit privaten Handys noch dazukommt, in Zukunft womöglich auch das bargeldlose Bezahlen, „dann brauchen wir einfach eine All-in-One-Lösung“, sagt Hofmeister. „Wann kommt die? Das können wir noch nicht sagen. Aber es ist definitiv in Reichweite.“

„Jeder soll sich selbstständig frei bewegen können.“

Der App-Einsatz ist für Hofmeister bislang die beste Lösung, wie er sagt. Per GPS und Standortfunktion können sich Nutzer:innen die nächsten Abfahrten vorhersagen lassen. Einfahrende Busse informieren spezifisch über ihre Linie. Zudem würde solch eine App die Menschen schützen, betont Hofmeister. Denn es stellt niemanden in der Öffentlichkeit als Nichtleser bloß. Er betont: „Barrierefreiheit heißt nicht: Der Rollstuhlfahrer bekommt die Rampe ausgeklappt. Sondern: Jeder soll sich selbstständig frei bewegen können.“

Selbstversuch – Bus suchen per App

TACHELES sieht die Herausforderung in diesem Fall vor allem darin, dass diese Apps barrierefrei sein müssten und alle ein entsprechendes Handy brauchen. Redakteurin Heike hat zwar ein Smartphone, aber damit gehört sie zur Minderheit: Mehr als die Hälfte der Redakteur*innen hat keins, da es sie überfordert. Und auch Heike fällt der Umgang mit dem Gerät schwer.

Hofmeister hat angeregt, die Fahrplanauskunft des Verkehrsverbunds Region Trier (VRT) zu nutzen. Man müsse nur üben, wo man Start und Ziel eintrage und bekommt dann alles Weitere angezeigt.

Heike hat also den Selbstversuch gestartet. Die nötige Internetseite hat sie mit Hilfe von außen gefunden. Wie man GPS verwendet und damit die Seite jedes Mal neu nach dem Startpunkt ihrer Fahrt suchen lässt, weiß sie nicht. Das sei ihr technisch zu viel, sagt sie. Also versucht sie, Start und Ziel einer beispielhaften Reise einzutippen: Von der TACHELES-Redaktion bis zu ihr nachhause. Schon hier tun sich Probleme auf, denn durch ihre Leseschwäche hat sie auch Probleme, die Straßennamen korrekt einzugeben. „Die Buchstaben fliegen auf dem kleinen Bildschirm alle vor meinen Augen durcheinander“, sagt sie. Die Felder zum Eingeben hat sie gezeigt bekommen, denn lesen konnte sie die Hinweise dazu nicht. Kein Problem, das könne sie sich merken.

„Würzburg!?“

Doch ohne die korrekten Straßennamen funktioniert auch die Suche nicht richtig. Beim Startpunkt kam daher nichts heraus, Heikes Ziel lag letztlich in Würzburg statt in Trier, rund 280 Kilometer daneben. Eine Vorlesefunktion gab die Seite nicht her. Apps zum Vorlesen brachten nicht die nötigen Funktionen mit oder erforderten, den Text erst zu kopieren, umzuwandeln und einzufügen, um ihn dann hören zu können – viel zu kompliziert, sagt nicht nur Heike.

Geduld ist gefragt

Eine Lösung über Handy, GPS und eine Verbindung zu Bus oder Haltestelle hält Hofmeister dennoch für am ehesten zukunftsfähig. Er hofft, damit Lösungen für Blinde, Nichtleser und von ähnlichen Problemen betroffene Menschen gemeinsam finden zu können. „Es ist in Reichweite“, sagt er. „Das heißt allerdings, dass es noch sehr viel Arbeit bedarf. Wir werden es nicht in nächster Zeit einrichten können, sondern wohl erst in den nächsten – mehreren – Jahren.“

Die Lokale Agenda 21 Trier hat übrigens auch über das Thema berichtet:
Hier kommt ihr zum Artikel.

Ungerecht? Welttag der sozialen Gerechtigkeit

Die Erzählungen anhören:

Heute ist der
Welttag der sozialen Gerechtig-keit.
Das heißt:
Heute soll die ganze Welt
über das Thema sprechen.
Das Thema ist
soziale Gerechtig-keit.
Das heißt:
Alle sollen gerecht und fair
behandelt werden.
Aber: Das ist nicht immer so.
Unsere Redakteurinnen und Redakteure
finden die Welt nicht immer gerecht.
Lasst uns das gemeinsam ändern.
Wir wollen gemeinsam schaffen,
dass sich die Welt verbessert.
Wir wollen nicht übereinander reden.
Wir wollen miteinander reden.
Macht ihr da mit?

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Barriere-Check: Moselstadion!

Heute ist der Welttag der sozialen Gerechtigkeit. Unsere Reporter*innen finden die Welt nicht immer gerecht. Lasst uns gemeinsam anpacken, um etwas zum Guten zu ändern. Wir wollen miteinander statt übereinander reden. Macht ihr da mit?